40% Emissionsminderung im Ackerbau? Möglich! [24.09.24]
Eine vom Industrieverband Agrar (IVA) in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass die Treibhausgasemissionen im deutschen Ackerbau um 40% gesenkt werden könnten - würden bestehende Technologien konsequent angewandt. Die unter der Leitung von Professor Dr. Enno Bahrs (Universität Hohenheim) durchgeführte Studie hebt vier Ansätze zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen im Ackerbau besonders hervor...
Eine vom Industrieverband Agrar (IVA) in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass die Treibhausgasemissionen im deutschen Ackerbau um 40% gesenkt werden könnten - würden bestehende Technologien konsequent angewandt. Mitautor Enno Bahrs von der Universität Hohenheim empfiehlt, die Ordnungs- und förderrechtliche Regulierungslandschaft anzupassen.
Die Treibhausgasemissionen im konventionellen Ackerbau könnten durch die konsequente Anwendung bestehender Technologien um bis zu 40% gesenkt werden, ohne dass dies den Ertrag mindern würde. Das zeigt eine im Auftrag des Industrieverbandes Agrar (IVA) erstellte Studie, die in Berlin präsentiert wurde.
Grüner, also aus erneuerbaren Quellen stammender Ammoniak als Düngerbasis, moderne Düngemittel mit reduziertem CO2-Ausstoss, digitale Techniken zur Überwachung des Pflanzenbedarfs und neue genomische Techniken (NGT) für effizientere Pflanzen - das sind für Mitautor Enno Bahrs von der Universität Hohenheim die vier wichtigsten Treiber eines klimaeffizienten konventionellen Ackerbaus.
Nicht ohne zusätzliche Kosten
IVA-Präsident Michael Wagner forderte bei der Vorstellung der Ergebnisse von den politisch Verantwortlichen denn auch Offenheit für Innovationen und warnte vor ineffizienten und bürokratischen Verboten. Die Anpassung an den Klimawandel sei nicht ohne zusätzliche Kosten zu schaffen, ist Wagner überzeugt.
Umso wichtiger ist nach Einschätzung des IVA daher die Konzentration bei der Emissionsreduktion auf kosteneffiziente Massnahmen. «Damit die technologischen Lösungen flächendeckend die Klimabilanz verbessern, muss die Politik jetzt handeln und die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen», so Wagner.
Grüner Ammoniak hat grösstes Potenzial
Laut Studienmitautor Bahrs liegt einer der Vorteile technologischer Lösungen zur Treibhaugasminderung in deren vergleichsweise hoher Akzeptanz. Allerdings unterschieden sich die Massnahmen erheblich in ihrer Effektivität und den jeweiligen Kosten je vermiedener Tonne CO2.
Der Studie zufolge weist Grüner Ammoniak das grösste Einsparpotenzial auf – mit einer Spanne zwischen 3,1 Mio. Tonnen und 4,7 Mio. Tonnen CO2, entsprechend etwa 15 bis 22% der Gesamtemissionen im hiesigen Ackerbau. Gleichzeitig stehen dieser Grössenordnung allerdings auch die im Vergleich zu den anderen Massnahmen höchsten Vermeidungskosten gegenüber, nämlich zwischen 255 und 736 Euro je Tonne CO2.
Nitrifikationsinhibitoren und NGT-Sorten sind mit rund 6% beziehungsweise 6,8% Minderungspotenzial bezogen auf die Emissionen im Ackerbau etwas weniger effizient als dekarbonisierter Ammoniak. Deutlich günstiger schneiden diese Optionen allerdings bei ihren Vermeidungskosten ab. Während laut der Studie bei den Nitrifikationshemmern zwischen 48 und 531 Euro je Tonne CO2-Vermeidung zu erwarten sind, kommen die modernen Züchtungsmethoden gar komplett ohne zusätzliche Kosten aus.
Politische Handlungsempfehlungen
Die Studie empfiehlt, den Einsatz von Nitrifikationsinhibitoren bei Mineraldüngern durch Ordnungs- und Förderrecht zu forcieren. Nicht zuletzt wegen der relativ geringen Kosten könnten dies eine sinnvolle Ergänzung zu den bereits in der Düngeverordnung festgelegten Ureasehemmern bei Harnstoff sein. Gleichwohl mahnen die Studienautoren an, dass der Einsatz dieser Stoffe wissenschaftlich begleitet werden muss, um langfristige Umweltschäden auszuschliessen.
Die Förderung digitaler Technologien zur Optimierung des Stickstoffeinsatzes, etwa durch optische N-Sensoren, wird ebenfalls als eine Massnahme ins Feld geführt, die insbesondere kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben helfen könnte, ihre Klimabilanz zu verbessern. Auch sollte nach Ansicht der Forscher der Einsatz von NGT-Sorten im Ackerbau ermöglicht werden. Womöglich hätte dies auch positive Effekte auf andere Umweltgüter wie die Biodiversität, etwa wenn Pflanzenschutzmittel eingespart werden könnten.
Wasserstoff zu konkurrenzfähigen Preisen
Der Einsatz von Grünem Ammoniak liesse sich laut der Studie am besten pushen, indem ausreichende Mengen an erneuerbarem Wasserstoff zu konkurrenzfähigen Preisen zur Verfügung stehen. Daneben könnte sich auch eine Förderung der eigentlichen Düngemittelproduktion durch die deutsche Regierung als sinnvoll erweisen, um der Technologie zur Marktreife zu verhelfen.
Die Wissenschaftler plädieren zudem dafür, weitere Forschung im Bereich der Nährstoff- und Rohstoffeffizienz zu finanzieren. Denn selbst wenn alle der genannten Massnahmen umgesetzt würden, so läge die maximale Klimagaseinsparung bei maximal 40%.
Zur IVA-Pressemitteilung:
Mehr zu den Hohenheimer Autoren:
Prof. Dr. Enno BahrsLeiter des Fachgebiets für Landwirtschaftliche Betriebslehre an der Universität Hohenheim | |
Mitarbeiter am Fachgebiet für Landwirtschaftliche Betriebslehre der Universität Hohenheim: Dr. Christian Sponagel, Dr. Hans Back und Felix Witte
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