Dem Brustkrebs auf der Spur  [11.08.20]

Am Anfang steht eine Vermutung. Es folgt: Sehr viel Fleißarbeit, zahlreiche Fehlschläge und am Ende – vielleicht – der alles entscheidenden Treffer. Manchmal kommt im Forschungsprozess aber auch eine zufällige Entdeckung zur Hilfe und bringt eine neue heiße Spur. Am Institut für Ernährungsmedizin können Bachelor-Studierende im Rahmen von Humboldt reloaded bei der wissenschaftlichen Detektivarbeit helfen. Das Ziel: Grundlegende Zusammenhängen von Ernährung und Brustkrebsrisiko zu entschlüsseln.

Bild: Uni Hohenheim / Clipdealer

Pressemitteilung der Universität Hohenheim, Text: Leonhardmair, 10.08.2020


Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen weltweit. Im Jahr 2018 starben 627.000 Frauen daran. Inzwischen ist bekannt, dass sich das individuelle Risiko durch einen gesunden Lebensstil deutlich verringern lässt: Neben Sport ist dieser präventive Effekt auch für eine mediterrane Ernährung belegt.

„Die traditionelle Ernährungsweise im Mittelmeerraum ist gekennzeichnet durch einen hohen Verzehr von Obst, Gemüse, Nüssen, Fisch und Olivenöl. Gleichzeitig werden wenig Fleisch und Süßigkeiten konsumiert“, erklärt Katja Röß, die in Hohenheim Ernährungswissenschaften studiert.

Doch noch immer bleiben viele Fragen: „Es wurde bisher z.B. noch nicht nachgewiesen, warum genau sich die mediterrane Ernährung eigentlich positiv auf das Brustkrebsrisiko auswirkt“, berichtet Kommilitonin Franziska Schubert.

Projektbetreuer Benjamin Seethaler ergänzt: „Die schützenden Effekte des Lebensstils auf das Brustkrebsrisiko konnten bisher lediglich für den nicht-genetischen Brustkrebs gezeigt werden. Bislang fehlen Untersuchungen, die den Einfluss des Lebensstils auf das Brustkrebsrisiko bei Frauen untersuchen, die durch familiäre Vorbelastung, wie einer Mutation im BRCA-Gen, ein 70-80%iges Risiko haben, im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs zu erkranken.“

Aufgrund des hohen Krankheitsrisikos müssen betroffene Frauen oft schon in jungen Jahren chirurgische Eingriffe, wie eine Mastektomie, in Betracht ziehen. Die wohl bekannteste BRCA-Mutationsträgerin ist Angelina Jolie, die bereits im Alter von 37 Jahren beide Brüste operativ entfernen ließ.

Sind Aminosäuren der Schlüssel?

Im Rahmen eines aktuellen Humboldt reloaded-Projekts helfen die beiden Bachelor-Studentinnen ihrem Projektbetreuer dabei, einer heißen Spur nachzugehen.

Das Institut für Ernährungsmedizin ist unter der Leitung von Prof. Stephan C. Bischoff an der Planung und Durchführung der weltweit ersten Langzeitstudie („LIBRE“) beteilig, in der der Effekt einer mediterranen Ernährung, verbunden mit regelmäßigem Sport, auf das Brustkrebsrisiko bei Frauen mit BRCA-Mutation untersucht wird.

„In einer aktuellen Auswertung untersuchen wir körperliche Veränderungen, die längerfristig mit dem Brustkrebsrisiko zusammenhängen könnten. Im Fokus stand dabei eigentlich die Darmgesundheit. Bei der Analyse von Metaboliten im Blut stießen wir – eher zufällig – darauf, dass Probandinnen, die bereits an Brustkrebs erkrankt waren, eine auffällige Abweichung bei der Zusammensetzung der Aminosäuren aufweisen. Bei Probandinnen, die sich mediterran ernährten, näherten sich im Verlauf der Studie eben diese Aminosäuren dem Muster der nicht-erkrankten Frauen an“, berichtet Seethaler.

Der Befund ließ das Forschungsteam aufhorchen: Handelt es sich bei den Aminosäuren um Biomarker, anhand derer eine Früherkennung und spezifische Behandlung von Brustkrebs möglich ist? „Weiterhin könnten Veränderungen des Aminosäuremusters und damit des Aminosäurestoffwechsels einen neuen Erklärungsansatz für die gesundheitlich fördernden Effekte der mediterranen Ernährung bieten“, so Seethaler.

Auf der Suche nach relevanten Studien

Katja Röß und Franziska Schubert haben im vergangenen Sommersemester die wissenschaftliche Plattform „PubMed“ nach einschlägigen Studien durchforstet, in denen die Themen „Aminosäuren“, „mediterrane Ernährung“ und „Brustkrebs“ thematisiert wurden. Ziel war es, eine Übersicht über den bisherigen Wissensstand zu erstellen.

„Es war eine sehr spannende Erfahrung. Normalerweise bekommt man in Lehrveranstaltungen ja fertige Ergebnisse präsentiert. Unsere Aufgabe war diesmal jedoch, relevante Quellen erst einmal zu finden und ihre Verlässlichkeit einzuschätzen“, berichtet Katja Röß.

„Das A und O bei unserer Arbeit war das Erstellen eines Literaturverzeichnisses, damit unsere zusammengetragenen Ergebnisse korrekt zugeordnet und in einer wissenschaftlichen Publikation zitiert verwendet werden können. Von dieser Übung werden wir ganz sicher auch bei unserer Bachelor-Arbeit profitieren“, meint Franziska Schubert.

Die Ergebnisse des Projekts werden als Poster und als Abstract im Rahmen der 5. Konferenz für studentische Forschung (StuFo) präsentiert, die in diesem September erstmals von der Uni Hohenheim ausgerichtet wird. Auch zwei Studentinnen des Vorgänger-Projekts, Leonie Zell und Florentine Jung, werden dort einen Vortrag halten.

Text: Leonhardmair


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